Der barrierefreie Onlineshop
Im Sommer 2025, genauer am 28. Juni 2025, tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, in Kraft. Im Gegensatz zur am 13.12.2024 inkraftgetretenen GPSR-Regelung, ist dieser Stichtag auch bindend für die Umsetzung - sofern es Sie auch betrifft.
Disclaimer: Ich bin kein Anwalt oder Jurist. Alle Informationen dienen der Übersicht und allgemeinen Information. Rechtsfragen bitte an einen Fachanwalt weiterreichen.
Wem betrifft es?
Grundsätzlich sind nicht alle Shop- und Webseiten-Betreiber von der neuen Regelung betroffen. Nur wer kein Kleinstunternehmer ist, ist verpflichtet.Das heißt, Sie sind Kleinstunternehmer, wenn Sie:
- unter 10 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen oder
- unter 10 Personen beschäftigen und sich die Jahresbilanzsumme Ihres Unternehmens auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft.
Wichtig!
Nicht jede Webseite ist automatisch betroffen, auch wenn es der Unternehmer ist. Das heißt, wenn eine Dienstleisterin oder ein Verkäufer einen Blog betreibt, ohne eine sogenannte „Vorbereitungshandlungen/ Zwischenschritte zum Abschluss eines Verbrauchervertrages“, gelten die Vorgaben des BFSG nicht. Das heißt, wenn ich nur Einblicke in meinen Alltag zeige, nicht aber zur Interaktion aufrufe oder diese Möglichkeiten nicht vorhanden sind, bin ich auch nicht verpflichtet. Eine Interaktion wäre ein Terminkalender/ Terminbuchung, ein Anfrage-Formular und natürlich alles, was mit „verkaufen“ (Onlineshop) zu tun hat. Generell ist nur der B2C-Handel betroffen. Reine B2B-Geschäfte und Dienstleistungen sind nicht betroffen. Achtung: Hier muss aber gewährleistet werden, dass Endkunden nicht bestellen können (Trennung Gewerbe/ privat).Barrierefreiheit freiwillig umsetzen
Wer nicht unter die Regelung seitens Unternehmensgröße oder Ziele der Webseite fällt, sollte dennoch zumindest die wichtigsten Punkte umsetzen. Warum? Weil es um Menschen geht und Google als Suchmaschine ebenfalls einige Maßnahmen bevorzugt.Der barrierefreie Onlineshop
Jetzt wird es interessant. Die Vorgaben des BFSG umfassen im Grunde nicht nur die Webseite oder den Onlineshop, sondern auch bestimmte Produkte. Als Webdesigner gehe ich nachfolgend aber nur auf diesen Bereich ein. Die Liste ist ggf. nicht abschließend (Stand 06.02.2025).Die Checkliste im Einzelnen:
Technik, Programmierung
- Gute Lesbarkeit von Texten durch Schriftarten ohne Serifen. Es sollten geeignete Schriftgrößen und Farben verwendet werden sowie eine Möglichkeit des Zooms bestehen. Wenn man nicht vergrößern kann, sollte zumindest die Schriftgröße durch Plus/ Minus veränderbar sein.
- Verzichten Sie auf die Kombination der Farben Grün und Rot. Die Rot-Grün-Schwäche betrifft in Deutschland ca. 8 % der Männer und 0,4 % der Frauen, was in deren Anatomie begründet ist.
- Verzichten Sie außerdem auf greller Hintergrundfarben. Funktionen sollten nicht allein durch Farben klar sein.
- Verlinkungen sollten durch Unterstreichungen und Farben gekennzeichnet werden, wie es von jeher von Google umgesetzt und empfohlen wurde.
- Auf Pop-ups sollte nicht nur aus SEO-Gründen verzichtet werden. Denn Screenreader werden hier beeinträchtigt.
- Audioinhalte, Videos und Bilder sollten mit aussagekräftigen Untertiteln/ Meta-Beschreibungen versehen werden. Ggf. bietet sich auch Gebärdensprache bei Videos an.
- ARIA-Attribute sowie eine klare HTML-Struktur sollten gewährleistet werden, damit Hilfsmittel wie Screenreader die Inhalte fehlerfrei auslesen können.
- Visuelle Effekte wie Blinken oder Flackern sollten Sie vermeiden. Es lenkt ab und kann epileptische Anfälle auslösen. Letzteres betrifft ca. 400.000 bis 800.000 Menschen in Deutschland, also 1 %.
- Webseiten und Shops sollten sich rein per Tastatur ohne Maus bedienen lassen können. Außerdem sollte jede Webseite mit möglichst vielen Webbrowsern kompatibel sein.
- Funktionen und Hilfsmittel wie Screenreader, Vorlesefunktion, Vergrößerungsfunktion, Spracheingabesoftware und Braille-Zeile sollten unkompliziert möglich sein.
- Nicht nur aus Marketing-Gründen sollten verschiedene Kontaktmöglichkeiten wie E-Mail, Chat oder Rückrufoption angeboten werden.
- Der Meta-Title und die Meta-Description sollte nicht nur aus SEO-Sicht aussagekräftig sein.
- Die Sprache sollte einfach und verständlich sein. Wenn möglich, auch ohne Fachbegriffe und Fremdwörter. Fachbegriffe und Abkürzungen sollten erklärt werden.
- Nicht nur für SEO von Vorteil: Der Verzicht auf verschachtelte Sätze.
- Um Texte anschaulicher zu gestalten, empfiehlt es sich, Beispiele anzuführen.
- Texte müssen klar strukturiert sein, mit Überschriften, Zwischenüberschriften und Absätzen. Wenn möglich, auch mit Inhaltsübersicht.
- Menüs und Inhaltsverzeichnisse immer verständlich darstellen.
- Wenn vorhanden: Erklären Sie Formularfelder oder Interaktionsmöglichkeiten.
- Die wichtigsten Informationen können in leichter Sprache zusammengefasst werden. Hier empfiehlt sich ein gesonderter Tab.
- Die Anrede muss das dritte Geschlecht beinhalten. Vertritt man hingegen zwei Geschlechter, kann man auf die Anrede auch verzichten. Die Vereinten Nationen gehen von einem Bevölkerungsanteil zwischen 0,05 % bis 1,7 % aus. [Q1, Q2]
- Gegenderte Texte sollen der Inklusion dienlich sein, lassen sich aber schwerer lesen und vorlesen. Hier kommt es auf die Zielgruppe an. Alternativ kann paarweise gendert werden (Liebe Kundin, lieber Kunde). Ca. 85 % lehnen es in meiner Umfrage ab. [Q]
Quelle: Q1, Q2